Die Infanterie ist die eigentlicheHauptgattung der Armee. Um sie herum bildet sich die Armee als Ganzes. Nur sie kann Schlachten entscheiden, gewonnene Erfolge ausnutzen, was weder die Artillerie noch die Kavallerie kann, welche der Infanterie zugeteilt sind, um Ihre Effizienz zu erhöhen.
Organisation
a) Das Bataillon
Die kleinste taktische Einheit ist das Bataillon (siehe auch Erklärung zum Regiment) und wird im Normalfall von einem Major oder Chef de Bataillon befehligt. Es besteht aus 6 Kompanien (4 Zentrumskompanien, 1 Grenadier- und 1 Voltigeurkompanie). Eine Kompanie zählt 140 Mann. Die Kompanie wies 8 Kaporalschaften zu je 15 Mann aus (siehe die u. a. Aufstellung einer Kompanie). Im Normalfall betrug also das Bataillon 840 Mann. Durch die Gewaltmärsche und Krankheiten während der Feldzüge schrumpften die Bataillone im Durchschnitt bis rund 500 Mann und weniger zusammen. Die Grenadier- und Voltigeurkompanien waren Eliteeinheiten des Bataillons. Die Grenadiere waren Soldaten von überdurchschnittlicher Statur und Kampferfahrung. Sie unterstützen den Rest des Bataillons physisch und was noch wichtiger war, moralisch. Sie waren sozusagen das Rückgrat. Ihre Uniformen wiesen immer herausstechende Unterschiede auf (rote Epauletten, roter Tschakkobehang, Sabre briquet usw.). Die andere Elitekompanie, die Voltigeure waren Männer, die wegen ihrer Beweglichkeit ausgewählt wurden. Sie hatten eine spezielle Schießausbildung, und kämpften in lockeren Formationen wie Scharfschützen. Auch sie waren an Ihren Uniformen erkennbar (grün-gelbe Epauletten, grün oder gelber Tschakkobehang usw.) Die 4 anderen Kompanien, bzw. der Hauptteil des Bataillons bestand aus Truppen, die man Zentrums- oder Füsilierkompanien nannte, bestehend aus durchschnittlichen Männern ohne spezielle Fähigkeiten. Dies war die Masse der Infanterie, ausgebildet, manchmal nur sehr spärlich, um Salvenfeuer abzugeben und mit dem Bajonett zu kämpfen. Sie wurden Zentrumskompanien genannt, weil nah dem Aufmarsch des Bataillons in Linie die Grenadiere auf der rechten Seite und die Voltigeure auf der linken Seite stand, wenn sie nicht zum Plänkeln eingesetzt wurde. In den Anfängen der Grande Armée wurden die Elitekompanien ihren Stammbataillonen entnommen und bildeten eigene selbstständige Bataillone. Sie dienten dann meist als Reserve um in den Schlachten bei schwierigen Situationen die Entscheidung herbeizuwirken.
b) Das Regiment
Das Regiment hatte hauptsächlich administrative Zwecke und keine große Bedeutung auf dem Schlachtfeld. Es wurde normalerweise von einem Colonel (Oberst) kommandiert. Es wurde aus einem oder mehreren Bataillonen gebildet; in den meisten Fällen rückte es mit vier Bataillonen, den sogenannten Feldbataillonen aus. Häufig kämpften die Bataillone zur gleichen Zeit an den unterschiedlichsten Schauplätzen. So war beispielsweise die 8ème mit ihren ersten 3 Bataillonen im Spanien vertreten, während das 4. Bataillon 1809 gegen die Österreicher kämpfte.
Das fünfte Bataillon blieb als Depotbataillon am Regimentsstandort. Es hatte lediglich nur vier Kompanien, zog neue Rekruten ein und bildete sie für die kämpfenden Bataillone aus.
Jedes Regiment hatte zusätzlich einen Stab. Dieser bestand neben dem Oberst (Colonel) aus 1 Major, 4 Chefs de bataillon, 5 (Adjudanten) Adjudants-majors, 1 Quartiermacher (Quartier-maître trésorier) , 1 Zahlmeister (Officier payeur), 1 Adlerträger (Porte-aigle), 1 Arzt (Chirurgien-major), 4 Arzthelfer (Aides-chirurgiens), 5 Gehilfen (Sous-aides), 10 Stabsoffiziere (Adjudants sous-officiers), 2er und 3er Adlerträger (2e et 3e porte-aigles), 1 Kapellmeister (Tambour-Major), 1 Stellvertreter Kapellmeister (Caporal Tambour), 8 Musiker (Musiciens), 4 Handwerker (Maîtres-ouvriers). Insgesamt 50 Mann.
Dies ist die taktische Formation, die im Manöver direkt über dem Regiment rangiert. Sie wird normalerweise von einem General de Brigade (Brigadegeneral) befehligt. Eine Brigade besteht in der Regel aus 2, manchmal auch 3 Regimentern.
d) Die Division
Die Division ist die zur Brigade nächsthöhere taktisch Formation. Sie wurde normalerweise von einen General de Division (Divisionsgeneral) angeführt. Eine Division bestand mindestens
aus zwei Brigaden, die im Gefecht sich gegenseitig unterstützten und agierten.
e) Das Armeekorps
Das Armeekorps stellt eine Formation dar, die in der Grande Armée zu höchster Perfektion gebracht wurde. In seiner vollkommensten Form umfasste es eine oder mehrere Divisionen, außerdem Kavallerie und Reserveartillerie, nicht zu vergessen die Versorgungskolonnen, Ambulanzen usw. Es ist wie eine kleine Armee, die einen Feldzug selbstständig führen kann. Das Armeekorps wurde von einem General oder Marschall kommandiert. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass Marschall nicht nur eine reine Rangstufe, sondern einen Ehrentitel darstellte. Es gibt zwei verschiedene Arten in der Grande Armée: die Linien- und die leichte Infanterie. Diese zwei hauptsächlichen Arten wurden noch in Kategorien unterteilt, die sich durch ihren Kampfwert unterscheiden. Beginnend mit der ersten Art, waren diese Kategorien: Garde, Linie und Reserve.
Die verschiedenen Arten von Infanterie
a) Die Linieninfanterie
Ihre Art war die Zahlreichste. Ein Linienbataillon bestand aus vier Füsilierkompanien ohne spezielle Ausbildung und zwei Elitekompanien (siehe auch Erklärung Bataillon). Die Bataillone waren Hauptbestandteil der Armee. Sie wurden im Normalfall nur in geschlossenen Formationen eingesetzt, mit Ausnahme der Elitekompanien (Grenadiere und Voltigeure), die manchmal separat operierten. Speziell die Voltigeure gingen dem Bataillon voraus, um den Gegner z.B. durch ihr Feuer zu stören, wobei sie in offener Formation agierten. Der Infanterist einer Zentrumskompanie wurde in der Grande Armée als Linieninfanterist bezeichnet.
b) Die leichte Infanterie
Die leichte Infanterie war in der Grande Armée ähnlich einer Elitetruppe. Die Soldaten waren in der Lage, die gleichen Aufgaben wie die leichten Kompanien der Linienbataillone wahrzunehmen. Sie konnten aber auch wie die Linieninfanterie eingesetzt werden. Das Bataillon war im Prinzip wie das Bataillon der Linie aufgebaut. Es bestand aus vier Zentrumskompanien (Chasseurs) und zwei Elitekompanien. Die erste bestand aus den Carabiniers und war gleichbedeutend mit den Grenadieren. Die zweite waren die Voltigeure.
c) Die Infanterie der Garde
Im Jahre 1804 wurde die Alte Garde mit allen Waffengattungen ins Leben gerufen und bildete sozusagen ein eigenständiges Armeekorps während des Feldzuges, dass unter dem direkten Befehl Napoleons stand. Dieses Armeekorps setzte sich aus erlesenen und erfahrenen Soldaten zusammen, die an mehreren Feldzügen und Schlachten teilgenommen hatten und von Ihren Regimentskommandeuren aus der Linie und der leichten Infanterie für den Eintritt in die Garde empfohlen wurden. Die Infanterie der Garde bestand aus den Grenadier- und Chasseurregimentern und hatten pro Bataillon je vier Kompanien, die aber doppelt so stark wie die der Linie und der leichten Infanterie waren. Diese Regimenter gehörten stets zur Alten Garde.
Später sollten die Garde durch weitere Regimenter aufgestockt werden. Diese gehörten jedoch der Mittleren Garde bzw. der Jungen Garde an. Prinzipiell stellte die Garde in der Grande Armée die ultimative Reserve auf dem Schlachtfeld dar. Die Soldaten erhielten einen höheren Sold und wurden auch besser verpflegt, was unter dem Gros der Grande Armée nicht immer begrüßt wurde.
e) Die Nationalgarde (Reserveinfanterie)
Sie besteht aus Truppen des zweiten Aufgebots, wieder einberufene alte Soldaten, Rekruten von geringer Ausbildung, lokale Milizen etc. Dieses Aufgebot wurde vor allem 1813 und 1814, nach dem verhängnisvollem Russlandfeldzug in die Grande Armée eingegliedert. Die Nationalgarde wurde ebenfalls in Bataillone und Regimentern formiert, hatte aber in der Regel keine Elitekompanien.
Die Formationen des Bataillons
a) Grundsätzliches
Die Waffen der Infanterie waren zu der Zeit noch immer sehr primitiv und den Feuerwaffen, speziell der Muskete, mangelte es an Präzision. Dies erklärt auch, warum die Infanterie in Salven feuern musste, um eine zufriedenstellende Effizienz zu erreichen. Somit konnte das gleichzeitige Feuer einer Kompanie von 120 Musketen zur Hoffnung Anlaß geben, das auf eine Entfernung von 60 Metern zwischen 10 und 20 Prozent des Ziels getroffen werden. Um ein Massenfeuer abzugeben war es daher notwendig, die Infanterie in geschlossen Formationen marschieren zu lassen. Des Weiteren ergaben diese geschlossenen Formationen bei einem Angriff eine Stoßkraft, die mit einer lockeren Formation nicht zu erreichen gewesen wäre.
b) Die Linie
Die sicherste Methode, um den Gegner kampfunfähig zu machen, war ihn durch das abgegebene Feuer zu eliminieren, bevor es zum Nahkampf kam. Die Formation, die dieses Resultat am sichersten garantiert, ist diejenige, die das gleichzeitige Feuer der größtmöglichen Anzahl von Musketen erlaubt, ist die der Linie. Die Kompanien waren in dieser Formation Seite an Seite in einer ununterbrochen Linie angeordnet. Wobei die Soldaten der Kompanien in drei Glieder aufgestellt waren. Die ersten beiden Glieder feuerten, während das dritte Glied zum Laden der Musketen, bzw. als Reserve eingesetzt wurde. Bei einem Bataillon von ca. 600 Mann konnten dann bei einer Frontlänge von 150 Metern 400 Musketen abgefeuert werden. Ein weiterer Vorteil dieser Formation ist ihre geringe Tiefe und somit geringe Verwundbarkeit gegen das Feuer der Artillerie. Allerdings besitzt sie eine geringe Widerstandsfähigkeit bei einem Angriff von Infanterie in Kolonnenformation und Kavallerie.
c) Die Kolonne
Diese Formation wurde gebildet, in dem man die Einheit in mehrere Reihen aufstellt. Es gibt drei Hauptarten von Kolonnen auf dem Schlachtfeld. Die Marschkolonne ist diejenige, die die schnellste Bewegung garantiert, um den Kampfplatz zu erreichen. Sie wird aus Halbkompanien gebildet, die einzeln nacheinander marschieren. Für den eigentlichen Kampf ist diese Formation aber eher ungeeignet. Die Kompaniekolonne ist eine Formation in der die einzelnen Kompanien hintereinander standen. Bei dieser Kampfformation wurde die Feuerkraft der Stoßkraft untergeordnet, die die große Anzahl von Reihen einer im schnellen Schritt vorgehenden Infanterie geben konnte. In der Grande Armée war die Divisionskolonne die am häufigsten verwendete Angriffsformation. Hierzu noch eine kleine Erklärung: Das Wort Division, welches wie gezeigt verwendet wurde, um die Vereinigung mehrere Brigaden zu bezeichnen, hat noch eine weitere Bedeutung. Nämlich den Verbund von zwei Kompanien des gleichen Bataillons. Eine Divisionskolonne ist also eine Kolonne, die zwei Kompanien breit ist. Es ist eine Formation die den Vorteil hat, eine breitere Front für den Nahkampf und trotzdem eine höhere Stoßkraft aufgrund der vielen folgenden Reihen zu besitzen. Wegen ihrer erweiterten Frontbreite erlaubt sie außerdem die Abgabe einer deutlich höheren Feuerkraft.
d) Das Karree
Die Infanterie ist anfällig gegen Attacken von Kavallerie. Ein Bataillon, welches von Kavallerie in die Flanke oder den Rücken angegriffen wird, ist praktisch verloren. Um dieser Gefahr zu begegnen, wurde eine spezielle Formation entwickelt: Das Bataillonskarree. Dies ist eine Formation, in der die Kompanien bzw. Divisionen sich zueinander im rechten Winkel aufstellen, aus der sich so ergebenen geometrischen Figur nach außen blickend. In den Anfängen der Kaiserzeit kniete hier die erste Reihe nieder und hielt ihre Bajonette nach oben und die zweite und dritte Reihe konnte dann abwechselnd abfeuern. Somit vervollständigte man gleichzeitig die Igelformation und mit ihren eigenen Bajonetten. In den letzen Jahren des Kaiserreichs stand auch die erste Reihe, weil der Großteil der Armee aus vielen Rekruten bestand und man keine Verwirrung durch zusätzliche, komplizierte Befehle stiften wollte. Die notwendige Ausbildung und Disziplin für das schnelle Bilden des Karrees beschränkte sich auf die Elite- und Linientruppen, wobei die Elitetruppen (meist die Grenadierkompanie) die Ecken des Karrees besetzen oder auch die Reserve bildeten.
Die Formation eines Bataillonskarrees erlaubt keine schnelle Marschbewegung, denn welche Richtung auch immer eingeschlagen wird, mindestens eine Seite steht dem Rücken zu der Marschrichtung. Manchmal wurde ein Karree aus vielen Divisionen gebildet und dieses Karree gleicht dann einer Festung.
Die Bilder zeigen ein Bataillon der Linieninfanterie (Bild 1), welches ein Karree aus der Kolonnenformation (mit Abstand einer halben Kompanielänge voneinander) bildet. Die Elitekompanien (Voltigeure/Grenadiere) sind detachiert. In der Schlussformation bietet das Bataillon wirksamen Schutz gegenüber angreifender Kavallerie. Das Fahnenpeloton, die Tamboure sowie der Chef des Bataillons und die Adjudanten befinden sich in der Mitte des Bataillons
Die 1. Kompanie steht still. Sie wird die vorderste Front des Karees bilden. Die 2. und 3. Kompanie teilen sich in der Mitte (Bild 2), ihre ersten beiden Sektionen drehen sich nach rechts, um die rechte Seite des Karrees zu bilden, während ihre 2. Sektionen sich nach links entsprechend drehen und somit die linken Seite des Karrees bilden. Die 4. Kompanie schließt dann das Karree (Bild 3), macht eine halbe Umdrehung auf der Stelle und bildet die rückwirkende Front des Bataillons (Bild 4) Bildquelle: http://grognard1789-lesgrognards.blogspot.com/2011/11/.
e) Die Tirailleure (Plänkler)
Unter dem Begriff Tiraillieren versteht man den Einsatz von lockeren Formationen. Der Zweck dieser Formation war auf den Gegner vorzurücken und dabei gleichzeitig das geringst mögliche Ziel für dessen Abwehrfeuer zu bieten. Darüber hinaus sollte ihr Feuer den Gegner in Unruhe versetzen. Dies wird erreicht, in dem die geschlossenen Reihen verlassen werden, man sich zerstreut, ständig seine Position ändert etc.. Generell konnte die Linie und die leichte Infanterie die Handhabung von lockeren Formationen praktizieren. Aufgrund der spezielleren Ausbildung war der Einsatz der Leichten Infanterie für den Einsatz der lockeren Formation aber wesentlich effektiver, so dass bei der Linie eigentlich nur die Voltigeure dem gleichen Stand entsprachen. Die lockere Formation wurde auch bei schwierigem Gelände verwendet, welches mit geschlossenen Formationen gefährlich wäre. Der Hauptnachteil war allerdings ihre große Verwundbarkeit gegen Kavallerie.
Zum Abschluß möchten wir Ihnen eine nachgestellte Szene über den französischen Infanteristen in seinem Alltag zeigen:
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Quellen:
Grundsätzliche Organisation der Armeen – Laurent Deneu
Die Armee Napoleons – H.C.B. Rogers
La Grande Armée – Die Geschichte der Armee Napoleons – Miguel Ángel Martín Más