Einleitung
Über den Spanienfeldzug in der Zeit von 1808-1814 können wir uns anhand der englischen Literatur ein ungefähres Bild machen. Dieses Bild ist aber meist zugunsten der britischen Streitkräfte doch sehr eingefärbt. Dies verwundert nicht, da der Spanienfeldzug von den Briten im Verbund mit Spanien und Portugal schließlich gewonnen wurde. Dazu werden die britischen Einheiten sehr gut im Detail, häufig aber die französischen Streitkräfte nur sehr ungenau beschrieben. Dadurch entsteht eine gewisse Einseitigkeit. Aber wie sieht es denn mit Quellen aus der Sicht der Franzosen aus? Nun liegen uns, wenn auch leider nur in Teilen, Auszüge eines Tagebuchs eines Zeitzeugen vor, der in Spanien diesen Feldzug hautnah miterlebt hatte. Die Rede ist von Francois Vigo-Roussillon, dem Kommandeur des 2. Bataillons der 8ème. Dies ist ein unschätzbarer Wert, da kaum solche Berichte oder auch Tagebücher in der heutigen Zeit vorhanden sind. Ausnahmen sind Berichte von den ehemaligen Truppen des Rheinbundes. Uns interessieren aber in erster Linie natürlich Berichte von französischen Zeitzeugen. Da war der Fund des Tagebuchs von Vigo-Roussillon ein wahrer Glücksfall, zu Mal die Geschehnisse in Spanien sehr detailliert beschrieben sind. Aus den Fragmenten dieses Tagebuchs wollen wir nun erzählen. Die Begleitumstände des Spanienfeldzuges haben wir bei dieser Erzählung mit einbezogen.
Zu Francois Vigo-Roussillon gibt es, bevor er mit der 8ème nach Spanien kam, Einiges zu berichten. Schon früh ging er zur französischen Armee. In der 32ème de Ligne wurde er als Füsilier eingeschrieben und nahm bereits an den Feldzügen von 1792 und 1793 teil.
Danach kämpfte er in Italien (1796-1797) und nahm an den bekannten Schlachten wie Dego, Castiglione, Lodi, Arcole und Rivoli teil. In Italien kam er dann zu den Grenadieren der 32ème und wurde später zum Sergeant befördert. In Italien traf er zum ersten Mal Napoleon. Als er ihn sah, konnte Vigo-Roussillon am Anfang nur schwer glauben, dass dieser kleine, dünne, sehr blasse Mann mit seinen grossen Augen und langen Haaren der Oberbefehlshaber der Armee war.
1798 nahm er am Ägyptenfeldzug teil. Er kämpfte in den Schlachten bei den Pyramiden und Aboukir. Dort hatte sich Vigo-Roussillon besonders ausgezeichnet. Im Kampf nahm Sergeant Vigo-Roussillon (und nicht der General Murat, wie allgemein angenommen) den Pascha Djezzar der türkischen Armee gefangen. Von der Grenadierkompanie der 32ème überlebten nach den fürchterlichen Kämpfen in den Straßen Aboukirs von 107 Mann nur ein Sergeant (Vigo-Roussillon) und 7 Grenadiere. An der Bildung der Koptischen Legion soll Vigo-Roussillion beteiligt gewesen sein.
In seinen Memoiren schrieb Vigo-Roussillon über den Ausgang dieses Feldzuges Folgendes:
„So endete die Kampagne; Sie hätte nicht anders ausgehen können. Selig waren diejenigen, die in geringer Anzahl zurückgekehrt sind und die Ehre der Armee hochgehalten haben. Von der 36.000 Mann starken Armee zu Beginn ist nur ein Viertel übrig geblieben. Nicht die Kämpfe haben diese Armee zugrunde gerichtet. Das Klima dort und die Pest waren schon ein schwerer Prüfstein. Aber vor allem das Fieber hatter diese Armee zerstört.
Schlimmer noch war die Illusion der Männer, die uns nach Ägypten geschickt haben. Sie wussten, dass die Engländer uns mit Ihrer großen Marine uns von Anfang an blockieren würden. Wie konnten sie nur glauben, dass eine Armee von 36.000 Mann, reduziert auf 32.000 Mann nach der Besetzung Malta´s gegen die Kräfte des türkischen Reichs, der feindseligen Bevölkerung Ägyptens und der Engländer auf Dauer widerstehen konnten?
Durch die Tapferkeit und Engagement konnte diese Armee viele Siege eringen, aber nach 3 Jahren schwerer Kämpfe und harter Bedingungen konnte sie ihrem Schicksal auf Dauer nicht entkommen.“
Wieder zurück in Frankreich wurde er auf Grund seiner Verdienste zum Lieutenant-Adjudant-Major innerhalb der 32ème de Ligne befördert. 1799 kämpfte er mit seinem Regiment in Italien und in der Schweiz.
In den Feldzügen von 1805-1807 nahm er innerhalb der 1. Division Dupont (Armeekorps Bernadotte/Victor) in den Schlachten und Gefechten von Haslach, Albeck, Dürrenstein, Halle, Lübeck, Mohrungen, Braunsberg und Friedland teil. In Halle wurde er wegen guter Führung zum Capitaine-Adjudant-Major befördert. Während der Friedensverhandlungen zu Tilsit wurde Vigo-Roussillon zum Chef de Bataillon nominiert.
Innerhalb der 32ème de Ligne marschierte er mit dem 1. Armeekorps, nun unter Marschall Victor nach dem Friedensschluss von Tilsit vom Niemen zurück nach Berlin. Während des Marsches sah er die vielen Verwüstungen im Land und es herrschte das Fleckfieber. Am 18. August 1807 erreichte das Korps Berlin.
Das gesamte 1. Armeekorps überwinterte in Berlin und in der Umgebung bis 1808. Die 32ème de Ligne baute ein schönes Biwak zu Charlottenburg (Über das Biwak zu Charlottenburg schauen Sie sich bitte auch diesen Link an: https://books.google.de/books?id=u98AAAAAcAAJ&pg=PA507&hl=de#v=onepage&q&f=false. In diesem Buch „Die Kurmark Brandenburg im Zusammenhang mit den Schicksalen des …, Band 2“ wird sehr schön die Beschaffenheit des Biwaks und der spätere Abmarsch des 1. Armeekorps Victors und der 8ème beschrieben).
Am 22.Juli 1808 erhielt das Regiment (Die 8ème marschierte am 14. August aus Berlin- Charlottenburg, Nitzow und Neu- und Altruppin ab. In dem Dorf Nitzow, nordwestlich von Havelberg war die 8ème mit einem Bataillon mit 20 Offizieren , 652 Soldaten und 7 Pferden einquartiert. Darunter befanden sich auch „Bediente“ – (Die Frauen und Kinder der Soldaten) die Order hatten, sich nach Wesel zu begeben, wo das Bataillon am 13. August 1808 ankam. Am 16. August wurde zur Überraschung Aller bekannt gegeben, dass die 32ème de Ligne Garnison in Paris halten sollte.
Das Regiment erreicht am 6. September Paris und erfuhr, dass der Kaiser an der Truppenparade, die am 11. September am Place du Carrousel stattfinden sollte, teilnehmen werde.
Nach der Truppenrevue äußerte sich der Kaiser wohlwollend über die 32ème. Er beglückwünschte die Offiziere über das schöne Regiment und teilte Ihnen mit, dass er sich freue, sie wieder in Spanien anzutreffen. Die Worte des Kaisers ließen keinen Zweifel daran, dass es in Spanien Rückschläge gegeben hatte und es die Notwendigkeit gab, eine neue Armee dorthin zu senden.
Wie Vigo-Roussillon geschrieben hatte, waren alle Offiziere über diese Neuigkeiten sehr betrübt. Erst die mühevolle Arbeit für das Biwak in Charlottenburg, dann der Marsch nach Wesel. Nach 3 Tagen Aufenthalt ging es nach Paris. Und in Paris kaum angekommen, erhielt man dann die Mitteilung, dass es nach Spanien gehe.
Nach der besagten Truppenrevue kam Napoleon zum 32ème Regiment de Ligne. Er erkannte Vigo-Roussillon an den Epauletten wieder, die ihn als Capitaine-Adjudant kennzeichneten und gab ihm die Order einem anderem Infanterieregiment als Chef de Bataillon beizutreten. Er sagte zu Ihm:
„Ich habe in Tilsit bestimmt, dass Sie zum Chef de Bataillon befördert werden.“
„Ja, Sire, aber ich habe es vorgezogen als Capitaine im 32ème zu bleiben“
„Alle meine Regimenter sind gut! Berthier, dieser Offizier ist zu bescheiden, als Bataillonskommandeur in einem anderen Regiment zu dienen.“
So wurde Vigo-Roussillon dem 8ème Regiment de Ligne zugeteilt.
Mit dem 8ème Regiment nach Spanien 1808
Es ist bemerkenswert, dass damals die Öffentlichkeit über die Geschehnisse in Portugal und Spanien nur sehr wenig wusste. Der Kaiser selbst richtete seine Worte zunächst nur an seine Truppen.
Also ging Vigo-Roussillon nun nach Spanien als Bataillonskommandeur des 2. Bataillons der 8ème, die Teil der 2. Infanteriedivision Lapisse des 1. Korps unter Marschall Victor war. Dieses Korps gehörte offiziell zur Grande Armee. Die Soldaten sollten glauben, dass man von der Grande Armee nur vorübergehend getrennt wurde.
Am 22. September 1808 verließ das ehemalige Regiment (32ème de Ligne) von Vigo-Roussillon Paris und nahm seinen Weg nach Spanien. Er war sehr traurig darüber. Hoffte aber, wenn die 8ème auch in Spanien war, dort seine ehemaligen Regimentskameraden wiederzusehen.
Am gleichen Tag wurde die 8ème de Ligne empfangen von der kaiserlichen Garde, den Offizieren der Militärschule und den Unteroffiziere und Soldaten auf dem Champ de Mars. (Wir hatten die 8ème am 14. August auf dem Abmarsch aus Berlin verlassen. Nach der Regimentsgeschichte von Capitaine Jeannene passierte das Regiment folgende Dörfer und Städte: 3. September Potich (Polch) – 4. September Lutzeratt (Lutzerath) – 5. September Witelich (Wittlich) – 6. September Hertzrath (Hetzerath) – 7. September in Treves (Trier) – 8. September Grevenmacheren (Grevenmacher – Luxemburg) – 9. September Luxembourg – 10. September Luxembourg – 11. September Longwy – 12. September Montmedy – 13. September Stenay – 14. September Vouziers – 15. September Rethel – 16. September Reims -17. September Firnes – 18. September Soissons – 19. September Soissons – 20. September Villers-Cotterets – 21. September Dammartin – 22. September Paris).
Von der Stadt Paris erhielt dort jeder Regimentsadler einen goldenen Lorbeerkranz, der künftig den Hals des Adlers schmücken sollte. Diese Auszeichnung haben nur die Regimenter erhalten, die am ersten polnischen Feldzug gekämpft hatten.
Vigo-Roussillon musste mit seinem Bataillon noch mehrere Tage in Paris bleiben, da das 8ème Regiment nicht vor dem 20. September seinen Abmarschbefehl bekam
Am 23. September marschierte das 8ème Regiment aus der Stadt. Die Marschroute verlief über folgende Städte:
- September Veraille
- September Rambbouillet
- September Chartres
- September Chartres
- September Courville
- September Nogent-le-Rotrou
- September La-Ferte-Bernard
- September Couerre
Im Oktober 1808 ging es dann durch folgende Städte und Dörfer:
- Oktober Leman
- Oktober Fouille-Tourte
- Oktober Lafleche
- Oktober Beauge
- Oktober Saumur
- Oktober Saumur
- Oktober Thouars
- Oktober Parthenay
- Oktober Saint-Maixent
- Oktober Niort
- Oktober Beauvoir
Nach der Regimentsgeschichte war der Marsch durch Frankreich ein Triumphzug mit Festen, Banketten, patriotischen Liedern und mit Empfängen. Hierbei überboten sich gegenseitig große und kleinere Gemeinden.
Am 24. Oktober erreichte man die Stadt Bayonne. Diese Stadt war voll von Truppen, Bagagewagen und Artillerie.
Die Soldaten begannen zu ahnen, was in Spanien geschehen war. Sie versuchten sich soweit wie möglich in Bayonne mit Allem zu versorgen, da Spanien ein armes Land und jetzt schon in einigen Teilen stark verwüstet war. Am 26. Oktober erreichte man den kleinen Ort Saint-Jean-de-Luz an der Grenze zu Spanien.
Am 31. Oktober passierte das Regiment die Stadt Vitoria, wo das Hauptquartier von König Joseph Bonaparte befand. Die Soldaten quartierten sich in einem armen Dorf ein, welches von seinen Bewohnern aufgegeben worden war.
Am 7. November kam das Regiment Miranda an. Die spanische Armee unter General Blakes Kommando befand sich zwischen dem 1. Korps und dem 4. Korps von Marschall Lefebvre, Herzog von Danzig. Detachements der spanischen Armee, die vom 4. Korps aus Bilbao und Balmaseda vertrieben wurden, vereinigten sich wieder mit der Armee, welche die Stadt Espinosa nun besetzten.
Die Schlacht von Espinosa am 10. und 11. November 1808
Anmerkung zur Schlacht:
Espinosa de las Monteros in la Montaña liegt südwestlich von Bilbao: Die 36.000 Franzosen unter Marschall Victor und Marschall Lefèbvre schlagen rund 40.000 Spanier unter Marquis de la Romana und General Blake. Die Spanier, welche sich durch die sehr engen und beschwerlichen Pässe von Valmaseda nach Espinosa zurückgezogen haben, stellen sich auf einer fast unangreifbaren Bergebene auf. Die Franzosen umgehen beide Flügel der Spanier, und durchbrechen deren Zentrum. Diese fliehen in der größten Unordnung und verlieren rund 12.000 Mann an Toten, Verwundeten und Gefangenen, 30 Fahnen, 60 Kanonen und alle Kriegsvorräte. Nach dieser Schlacht wurde die gesamte spanische Nord-Armee aufgelöst. Die Franzosen haben Verluste von ca. 2.000 Mann an Toten und Verwundeten zu beklagen.
Nach einem langen und beschwerlichen Marsch ist die 2. Division Lapisse als Letzte des 1. Armeekorps am 9. November vor Espinosa angekommen. Es wurde bereits Nacht, als die Division Ihre Position für die kommende Schlacht eingenommen hatte.
Es ist unmöglich, sich eine Vorstellung von der unglücklichen Situation der Soldaten von der 8ème zu machen. Ohne ausreichenden Proviant mussten Sie einen langen Marsch bis Espinosa in einer regnerischen und kalten Jahreszeit aushalten. Die Regionen Vizcaya und Navarra wurden geplündert und verwüstet. Die Dörfer sind von ihren Bewohnern verlassen worden; es wurde Zuflucht in den hohen Bergen gesucht. Das Armeekorps, welches jetzt schon sehr gelitten hatte, musste weiterhin in diesem unglücklichen Land bleiben. Da es nichts weiter zu Essen gab, mussten die Soldaten bald plündern. In kleinen Trupps wurden die Soldaten ausgesandt um Proviant zu beschaffen. Dabei wurden sie nicht selten im unübersichtlichem Gelände von Bauern angegriffen, die zu den Waffen gegriffen hatten. Die Verluste stiegen mit jedem Tage an.
Am 11. November stand das gesamte 1. Armeekorps unter Waffen. Vigo-Roussillon sah sehr deutlich die lange Linie des spanischen Heeres mit 40.000 Mann unter Blake und dem Marquis de la Romana vor Espinosa. Die Spanier stellten sich in einer beinahe unangreifbaren Bergebene auf. Rechts von dieser Linie war der Fluss Trueba. Das Zentrum wurde von einer Bergkuppe beherrscht, die mit einer Batterie von acht Kanonen besetzt wurde. Links erstreckte sich ein hoher Berg, der von Milizen mit kleinen Kanonen gesichert wurde.
Die furchtbaren Pfade, die die 8ème am Vortag durchgequert hatte, sorgten dafür, dass erst jetzt die Patronen für die Musketen in Empfang genommen werden konnten. Auch erreichte erst jetzt eine Kanone der Divisionsartillerie ihr Ziel. Somit konnte das 1. Korps zum vereinbarten Zeitpunkt nicht erscheinen.
Marschall Lefebvre war über die Verzögerung sehr unzufrieden und gab Marschall Victor allein dafür die Schuld. Dies war dann auch der Grund, warum der Marschall Lefebvre sich zum Schlachtfeld nur langsam zubewegte. Somit befand sich das 1. Armeekorps in Unterzahl gegenüber den Spaniern.
Es gab immer Streitigkeiten unter den Marschällen, wenn der Kaiser weit von Ihnen entfernt war. Als sie noch Divisionsgeneräle waren, standen sie in brenzligen Situationen füreinander ein. Aber später, als sie den Titel eines Marschalls, eines Fürsten oder Prinzen erhielten, waren sie aufeinander eifersüchtig oder zu stolz. Damit opferten die Meisten von Ihnen die Interessen des Landes und der Armee zugunsten ihrer kleinlichen Rivalitäten.
Somit wartete das 1. Armeekorps unter Victor lange auf Lefebvre, der zunächst nicht kam. Sein Korps war zur Hälfte erst versammelt und eine Reserve war auch nicht vorhanden. Damit die Spanier diese Situation nicht ausnützten, beschloss Victor sie anzugreifen.
Die 2. Division Lapisse (Die 8ème mit ihren 3 Bataillonen war Bestandteil der 1. Brigade Maison zusammen mit der 16ème légère) zur Rechten griff nun die linke Flanke des Gegners an. Nach heftigem Kampf wurden die Spanier durch die 1. Brigade Maison geworfen.
Dieser Angriff war entscheidend, denn dadurch konnte der Gegner an seiner linken Flanke umfasst werden. Siegreich marschierte die Division nun auf das Zentrum zu und rollte es auf. Der Gegner löste sich auf und floh in die Stadt von Espinosa. In der Stand selber wurde von den Spaniern ein letzter Widerstand organisiert. Jedes Haus wurde verbarrikadiert und mit Schiessscharten versehen. Dazu stand eine Batterie mit 8 Kanonen zur Abwehr bereit. In den nun folgenden, schweren Kämpfen gab es viele Tote und Verwundete. Unter den feindlichen Soldaten befand sich auch die Division des Marquis de la Romana, welche aus der Stadt Hamburg von der englischen Flotte nach Spanien verschifft worden war. Diese Division, unter denen sich die besten Soldaten Spaniens befanden, wurde völlig vernichtet.
Nach der Einnahme der Stadt war das Schlachtfeld mit vielen Toten und Verwundeten (hauptsächlich Spanier) bedeckt.
Trotz zahlenmässiger Unterlegenheit hat das 1. Armeekorps einen großen Sieg errungen.
In Espinosa fand Vigo-Roussillon und sein Bataillon grosse Geschäfte mit Lebensmitteln, Kleidung, Waffen und Munition. All diese Gegenstände waren von englischer Herkunft.
Gegen Ende der Schlacht erschien das 4. Armeekorps Lefebvre auf dem gegenüberliegenden Ufer der Trueba. Die Soldaten dieses Korps jagten die Trümmer der spanischen Armee, die den Ort Reynosa erreicht hatten und von dort aus nach Santander und Kastilien flüchten wollten. Es wurde viele Gefangen gemacht.
Die Soldaten der 8ème verbrachten vier Tage auf dem Schlachtfeld, um ihre verwundeten Kameraden zu betreuen und Brot zu backen.
Marschall Victor war über den Ausgang der Schlacht nicht zufrieden. Er war verärgert über das versäumte Eingreifen von Marschall Lefebvre. Er hatte ihn im kritischen Moment der Schlacht im Stich gelassen. Es fand kein Kombination der Korps untereinander statt. Aber gesprochen wurde über diesen Punkt nie unter den beiden Marschällen.
Es wurde aber allgemein anerkannt, dass General Maison mit seiner Brigade den entscheidenen Angriff zum Sieg davontrug.
Leider wurde es aber auch deutlich, dass das 1. Armeekorps, welches aus hervorragenden und tapferen Soldaten bestand, von weniger guten Offizieren geführt wurde.
Der Marsch nach Madrid
Am 14. November setzte sich das Regiment in Richtigung Hochgebirge in Bewegung, passierte den Ebro und die Pisuerga, die dort ihre Quellen hatten und kamen nach vielen Strapazen in Reynosa an.
Am 18. November marschierten die erschöpften Männer am rechten Ufer des Flusses Pisuerga entlang und fanden (requirierten) dort Lebensmittel. So konnten die Soldaten wieder ein wenig zu Kräften kommen.
Auf dem Marsch nach Segovia und Vallodolid hatte das Regiment am 19. November den Befehl erhalten, zurück nach Burgos zu gelangen. Napoleon wollte das Zentrum der Spanier durchbrechen und sich dann deren Flügel bemächtigen. Es wurde wiederum der Fluss Pisuerga überquert und nach Villa-Hernando abmarschiert, welches zunächst Quartier der 8ème sein sollte.
Während das Regiment im Ort häufig zu Paraden herangezogen wurde, hatte Vigo-Roussillon mit seinem Bataillon die Aufgabe, das 1. Armeekorps beim weiteren Vormarsch an seiner linken Flanke zu decken. Er hatte nun den Befehl erhalten, diesen Posten mit seinem Bataillon zur Erkundung der Lage zu verlassen, sobald die letzten Truppen des Korps vorbeimarschiert waren und nahm zwei Führer einschließlich eines Pfarres für den Weg mit. Es war schon beinahe Nacht, als sie losgingen. Der Weg war sehr lang. Die beiden Führer sagten ihm mehrere Male, dass sie auf etwas stossen werden. Und tatsächlich kamen einige Feuer von einem Biwak zum Vorschein. Er ließ darauf sein Bataillon sofort anhalten. Zuerst glaubte Vigo-Roussillon, dass es die Lagerfeuer von den anderen Bataillonen des Regimentes seien. Zu seiner Überraschung sah er aber spanische Soldaten. Das Biwak der Spanier schien sehr groß zu sein, was bedeutete, dass auch eine grosse Anzahl von Soldaten dort sein musste. Die beiden Führer haben also bewusst Vigo-Roussillon und sein Bataillon in die Falle geführt!
Er könnte zwar den Feind überraschen, aber ein gut gestarteter Nachtangriff mit seinem Bataillon war nicht möglich. Die Anzahl der Feinde schien ihm zu gross zu sein. Mit seinem Degen erstach er den einen Führer, der ihn betrogen hatte. Der zweite Führer war sicherlich genauso schuldig, aber er brauchte ihn. Er sagte ihm, dass ihm das gleiche Schicksal drohe, wenn er ihn und sein Bataillon nicht sicher wieder nach Villa-Hernando brächte. Vigo-Roussillon kam sicher mit seinem Bataillon spät in der Nacht in Villa-Hernando an. Dort wurde für die Truppe Brot ausgeteilt.
Am 22. November kam das Regiment in der Frühe auf der Hochebene von Burgos an, wo der Kaiser das 1. Armeekorps inspizierte.
Als der Kaiser zum 2. Bataillon der 8ème herankam sah er Vigo-Roussillon und unterhielt sich lange mit ihm. Er drehte sich zum Colonel Autie und sagte: „Fehlt diesem Ägypter (auf Anspielung des Ägyptenfeldzuges von 1798, s.o.) etwas? Der Colonel antwortete, dass Vigo-Roussillon mit Bedauern zum 8. Regiment de Ligne gekommen ist und es vorgezogen hätte, dass einer der dortigen Capitaines zum Chef de Bataillon ernannt worden wäre. Darauf sagte der Kaiser, dass er sich dem Willen des Kaisers zu fügen hätte.
Nachdem die Truppeninspektion abgeschlossen war, marschierte das 1. Armeekorps auf der Hauptstrasse von Burgos in Richtung Madrid. Spät am Abend wurde das Dorf Cogolos erreicht, wo auch biwakiert wurde. Tags darauf bei San Estevan de Gormas traf das 1. Armeekorps auf die Kaisergarde und das grosse Hauptquartier und erreichte den Ort Miranda.
Es ging gut voran. Während das 1. Armeekorps mit dem 4. Armeekorps Lefebvres die Spanier unter Blake bei Espinosa und Reynosa geschlagen hatte, wurde eine weitere spanische Armee unter General Castanoz von den Marschällen Ney und Mortier bei Tudela vernichtet.
Das 2. Korps unter dem Kommando von Marschall Soult marschierte über Burgos in Richtung Neu-Kastilien gegen das britische Expeditionsheer unter Moore. Der Kaiser beschloss, dass das 1. Korps und die Kaisergarde direkt auf Madrid zumarschieren sollte.
Am 29. November um Mitternacht kam das 1. Armeekorps in den Ort Grayera und marschierte am Biwak des Kaisers vorbei nach Bocequillas, gefolgt von der Kaisergarde.
An diesem Tag traf die französische Vorhut die feindlichen Vorposten am Fuße des Guadarrama ein. Die Spanier besetzten Sepulveda und gingen noch weiter vor, als die Division Lapisse ohne grosse Schwierigkeiten sie wieder in die Stadt zurücktrieb.
Die Schlacht Somossierra am 30. November 1808
Der Kaiser war nach Bocequillas gekommen, um die Position, die der Feind dort besetzt hielt, auszukundschaften. Sie war sehr stark befestigt. Aber er hoffte, als ein dichter Nebel den Berg verhüllte, dass seine Soldaten ungesehen nahe an die Befestigungen kommen würden.
Ungefähr 3.000 Spanier, die die Stadt Sepulveda verteidigen sollten, waren weitgehend verstreut aufgestellt worden. Aber ein Teil der Steitmacht befand links und rechts am Gebirgspass nach Somossiera. Dies war für die Verteidiger eine ausgezeichnete Lage um Angriffe, die durch die Schlucht geführt wurden, abzuwehren. Die Hänge waren kaum zu erklimmen und für die Scharfschüzten der französchen Vorausabteilung eine Strafe, sie zu besteigen. Dazu war die Straße sehr kurvenreich.
Der Feind konnte unmöglich an den Flanken der Schlucht angegriffen werden, da er sich oberhalb des Passes gut verschanzt hatte. Das Lager, welches die Spanier errichtet hatten, wurde durch eine starke Batterie von 16 Kanonent gesichert. Diese Batterie würde ohne Schwierigkeit jedwigen Angriff, der durch die Strasse kommt, zusammenschiessen. Wenn ein Angriff durch die Infanterie in Form von Sektionskolonnen durchgeführt werden würde (Ein Angriff in Linie würde bei der engen Schlucht nicht möglich sein) wäre der Vorteil eindeutig auch bei den Spaniern. Die Franzosen konnten ihre Artillerie hingegen bei dieser Lage überhaupt nicht nutzen.
Der Kaiser schätze die Lage richtig ein. Bei einem Infanterieangriff würden die Verluste sehr hoch werden. Daher entschied er sich, die Kavallerie einzusetzen. Er wendete sich der leichten Kavallerie seiner Garde zu. Die Polen waren gute Reiter und wurden von dem jungen Colonel de Montbrun befehligt. Der Kaiser zeigte Montbrun die Stelle, wo der Angriff beginnen sollte.
Diese tapferen Männer nahmen mit Freude den Befehl zum Angriff entgegen. Die Höhe des Hanges zwang allerdings die Pferde zweimal den Angriff zu unterbrechen, damit sie wieder zu sich kamen. Schließlich stürzte sie sich anschließend aber auf die feindliche Artillerie und trotz eines Hagels von Granatsplittern und Kugeln eroberten sie die Kanonen und bedeckten sich mit Ruhm. Die spanische Armee wurde geschlagen. Die Artillerie, Munitions-und Gepäckwagen sowie einige Regimentskassen fielen in die Hände der Sieger.
Die Kavallerie rückte den polnischen Chevau-Légers nach um den Feind zu verfolgen. Die Kälte in den Bergen gab den Flüchtigen den Rest. Die Armee schlug ihr Biwak bei Buytrago auf. Nun gab es nichts mehr zwischen der Armee und Madrid.
Der Angriff der polnischen Chevau-Légers auf diese stark befestigte Stellung ist eine der außergewöhnlichsten Leistungen, die die militärische Geschichte aufzuweisen hatte. Diese Waffentat ehrte die tapferen polnischen Kavalleristen. An diesem Tage wurde Colonel de Montbrun zum General ernannt.
Am 1. Dezember, maschierte das 1. Armeekorps fast ohne Tageslicht im Schnee nach St. Augustine, wo sich das Hauptquartier des Kaisers befand.
Am Morgen des 2. Dezember machte sich das 1. Armeekorps für den Einmarsch nach Madrid marschbereit. Es wurde das Tragen der „Grande Tenue“ befohlen. Angekommen in Alcobendas vernahm man Kanonendonner. Der Kaiser ritt mit seiner Eskorte nach vorn. Zu seiner Krönung vor 4 Jahren wurde Ehrensalut von der Artillerie geschossen und der bevorstehende Einzug nach Madrid gefeiert.
Doch der Einzug in die Stadt sollte auf sich warten. Mittlerweile kam das 1. Armeekorps auf den Höhen von Chamartín an, wo der Kaiser und die Kavallerie bereits Stellung genommen hatten. Madrid wurde verbarrikadiert. Die Glocken aller Kirchen schlugen Sturm. Die Schreie der wütenden Bevölkerung vermischten sich mit dem Detonationen der Kanonen, die auf die französsiche Armee schossen.
Sobald sich die Armee der Vorstadt näherte, nahm der Lärm der Kanonen deutlich zu. Auch waren Schüsse von Musketen zu vernehmen. Diese Kämpfe mussten aufhören. Die Armee würde auf jeden Fall bei der Einnahme Madrids mit einigem Widerstand zu rechnen haben. Sie stand vor der Stadt ohne Proviant und Feuerholz. Der Kaiser ließ sein Zelt hinter dem 8ème Regiment aufschlagen. Mittlerweile machte sich eine unangenehme Stimmung in den Reihen der Armee breit.
Der Angriff und die Einnahme Madrids
In der Nacht vom 2. auf den 3. Dezember machte sich die gesamte Infanterie des 1. Armeekorps für den Angriff auf die Stadt bereit. Eine Batterie von 60 Kanonen sollte den Angriff vorbereiten, sobald der Nebel sich verzogen hatte. Alle Voltigeurkompanien der leichten und Linienregimeter des Korps sollten als Erstes den Stadtrand Madrids angreifen.
Die Stadt hatten keine Befestigungsanlagen, dafür aber war sie von einer Mauer mit Burgzinnen umgeben. Türen und Tore wurden mit Erde verschanzt und die Artilleriestellungen ausgebaut. In der Stadt selber wurden in den Straßen Barrikaden errichtet und die Hauptgebäude verrammelt und zu regelrechten Festungen ausgebaut. Fanatische Einwohner bereiteten ihre Häuser selber zur Verteidigung vor.
Reguläre Truppen besetzten den Retiro mit den Parkanlagen sowie die dortige Kaserne gegenüber von Chamartin. Diese Kaserne war sehr solide gebaut und wurde von den Spaniern gut gesichert. Die Kaserne wurde von einem Bataillon Voltigeure unter dem Kommando von General Maison mehrere Male erfolglos angegriffen. Der General selber wurde bei einem dieser Angriffe schwer verwundet.
Vigo-Roussillon´s Bataillon mit seinen 5 Kompanien (di eGrenadierkompnaie war abkommandiert) war für den Angriff des Parks bestimmt worden. Die Artillerie hatte in die Parkmauern des Retiro eine Bresche geschossen und so konnte das Bataillon in den Park eindringen und die königliche Porzellan-Fabrik einnehmen.
Mit der Einnahme des Retiro war die Schlüsselstellung der Stadt erobert. Von diesem Punkt aus konnte die gesamte Stadt beschossen und damit zerstört werden. Aber der Kaiser wollte dieses Los der Stadt für seinen Bruder ersparen.
So hatte der Kaiser ein zweites Mal Madrid erobert. Die Bevölkerung war nach dem Auftstand am 2. Mai praktisch ohne Führung und hatte entsprechend in der Stadt gewütet und es gab einige Exzesse. Beamte, die den Franzosen freundlich gesinnt waren, wurden regelrecht massakriert. Es herrschte also das reinste Chaos.
Am Morgen des 4. Dezember kam schließlich eine Abordnung, bestehend aus Honoratioren und einigen Beamten der Stadt mit einem Parlamentär zum Kaiser. Den Delegierten erging es schlecht. Ihnen wurde schonungslos mitgeteilt, dass wenn der Widerstand innerhalb von 24 Stunden nicht beendet wird, die Bevölkerung erschossen wird.
Unter diesem Druck ergab sich am 5. Dezember die gesamte Bevölkerung Madrids. Die französische Armee erreichte nun die Stadt und marschierte durch das Stadttor Foncaral.
In der Stadt selber herrschte Unordnung und Chaos. Die Hauptstrassen waren unterbrochen von Barrikaden, die mit Kanonen bestückt waren. Man sah viele errichtete Palisaden, Pflastersteine, die aus der Strasse herausgerissen und in die Häuser auf Balkone und Dächer geschleppt wurden. Damit sollte auf die Franzosen geworfen werden. Die Klöster waren befestigt und ähnelten eher Zitadellen. Sie waren voll von Waffen und Munition.
Vigo-Roussillon und sein Bataillon biwakierte auf den Platz El Sol. Während dieser Zeit fand die allgemeine Entwaffnung der Bevölkerung statt. Das Bataillon hatte anschließend sein Quartier dann in Baracken und teilweise im Kloster Atocha. Alle Waffen, die bei der Bevölkerung gefunden wurden, wurden zum Retiro transporiert. Die 8ème blieb noch zwanzig Tage in Madrid. Vigo-Roussillon war froh, den Retiro danach nicht mehr sehen zu müssen.
In den ersten Tagen nach der Ankunft war Vigo-Roussillon in seinem Zimmer mit Schreiben von Briefen beschäftigt, als ein Sergeant der Gendamerie ihm mitteilte, dass der Kaiser gerade angegekommen sei und nach dem Kommandanten der Station fragte. Vigo-Roussillon ging nach unten, als der Kaiser gerade vom Pferd abstieg.
Er sagte zu ihm, sobald er in seiner Nähe war: „Ah! Hier bitte schön! Versuchen Sie nun, Material wie Pfähle für die Befestigungen zu besorgen und zeichnen Sie diese auf, mein ehemaliger Adjudant-Major.“ – „Ja, Sire,“ sagte er. „Ich habe ein paar Männer schon dafür ausgesandt und gefunden, was Eure Majestät benötigen.“ Danach setzten sie sich an einem Tisch unter der Leitung des Kaisers und zeichneten die Schanzen und die Redouten, die den Retiro auf der Seite der Stadt künftig schüzten sollten.
Sie waren sehr gut vorangekommen. Mittlerweile kam die Suite des Kaisers und die Arbeiter an und machten sich sogleich an die Arbeit.
Ende des ersten Teils ->
Zweiter Teil – Von Madrid bis nach Talavera
Quelle:
Vigo-Roussillon (François). Grenadier de l’Empire. Journal de campagne (1793-1837), 1981, pp. 29-30
http://www.napoleon.org/fr/hors_serie/1campagne-italie/lesecrits/colloques/armee.html